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Sixt sucks – Ein Customer Experience Desaster auf 4 Rädern

Stefan Schmitt

Erfahrungsbericht eines langjährigen Sixt-Kunden

Eigentlich waren es wunderbare Tage, die Stefan S. mit seiner Frau und seinem Kind anläßlich ihres 44. Geburtstags verbracht haben. Irina S. wünschte sich eine 3-Länder-Tour, die sie durch die vorweihnachtlichen Grenzstädte Aachen, Lüttich, Gent und Maastricht führen sollte.

Die junge Familie besitzt kein eigenes Auto. Wie immer, wenn es mal ein paar Tage raus aus Köln gehen soll, mieteten sie sich einen Wagen bei Sixt. Wie immer mit Vollkasko und einer Selbstbeteiligung von 850,00 €. Stefan S. ist seit mehr als 10 Jahren Kunde bei Sixt und war bis dato stets zufrieden mit dem orange farbenen Autoverleiher, mit der besten Werbung der Branche.

Doch das sollte sich nach diesen Tagen ändern. Sie verbrachten ein paar tolle Tage im Grenzgebiet und genossen die vorweihnachtliche Stimmung und die unterschiedlichen Weihnachtsmärkte in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Kurz vor dem Ende der Reise passierte Stefan S. jedoch ein Malleur. Beim hektischen Versuch mit einem schreienden Kind im Auto rückwärts einzuparken überhörte er das Warnsignal des Autos, übersah einen Pöller und beschädigte die Beifahrerseite des Wagens nicht unerheblich.

Anstatt nach abgeklungener Aufregung und verflogenem Ärger sofort die Polizei herbei zu holen und Sixt zu verständigen, liessen sie sich die gute Stimmung nicht nehmen und vergnügten sich auf dem Aachener Weihnachtsmarkt. Es war ja schließlich nicht mehr zu ändern und ausser einem Pöller war niemand zu Schaden gekommen. Und ausserdem waren sie ja glücklicherweise Vollkasko versichert – leider jedoch mit einer Selbstbeteiligung in Höhe von 850,00 €.

Dieses, offensichtlich von Unwissenheit geprägte Verhalten, sollte sich im Nachhinein als naiv herausstellen. Nach der Rückkehr nach Köln gab Stefan S. am Sonntag abend wie immer das Auto in der Tiefgarage des Kölner Hilton ab. Ihm ist zu diesem Zeitpunkt keinen Moment in den Sinn gekommen, was ihn im Anschluß erwarten würde.

Einige Zeit nach Abgabe des Fahrzeugs erhielt Familie S. ein Schreiben von Sixt. Als Stefan S. dieses öffnete staunte er nicht schlecht. Seine Gesichtszüge froren kurzfristig ein bevor sie von der anschließenden Zornesröte wieder aufgetaut wurden und in angespannte Falten übergingen. Das Schreiben enthielt eine detaillierte Auflistung des entstandenen Schadens, dem gleich eine Schadensrechnung in Höhe von 7264,68 € beigefügt war.

Da Stefan S. nicht sofort nach dem Entstehen des Schadens sowohl die Polizei benachrichtigte als auch Sixt über den Schaden informierte, sollte die Vollkasko-Versicherung nicht greifen und Familie S. für den gesamten Schaden aufkommen. Sixt ging sogleich von einer Schuldvermutung aus – schließlich könne der entstandene Schaden unter Alkoholeinfluss entstanden sein und dies der Grund dafür gewesen sein, den Unfall nicht zu melden.

Das nicht Alkoholkonsum sondern Unwissenheit der Grund für die ausbleibende Meldung gewesen sein könnte, will Sixt nicht in den Sinn kommen. Schuld- statt Unschuldsvermutung. Stattdessen wird auf die in jeder Sixt-Zentrale einsehbaren AGB verwiesen, die an einem Terminal einzusehen sind. Das stimmt. Einen Terminal gibt es. Die AGB kann man dort einsehen. Aber hat jemals jemand diese AGB gelesen? Er jedenfalls nicht. Er liest auch nicht die AGB von Apple, wenn er mal wieder sein Einverständnis zu einem Update dieser gibt.

Im einzigen schriftlichen Dokument, dass der Kunde bei der Anmietung eines Fahrzeugs erhält, sucht Stefan S. einen Hinweis diesbezüglich vergebens. In diesem ausgedruckten Vertrag ist keine Rede davon, dass man im Falle eines Unfalls ohne Beteiligung Dritter sowohl Sixt als auch die örtliche Polizei zu verständigen habe. Stefan S. will es jetzt genauer wissen. Um zu sehen, ob wenigstens die Sixt Service-Mitarbeiter einen Kunden bei der Vermietung auf diesen Sachverhalt hinweisen, haben sich Stefan S. und Irina S. eine kleine Test-Miet-Situation überlegt.

Sie gingen in ihre Sixt-Filiale im Kölner Hilton und gaben vor ein Auto mieten zu wollen. Während Irina mit dem Handy filmte fragte Stefan mehrfach nach ob es bei der Miete eines Fahrzeugs irgendetwas, besonders im Falle eines Unfalls, zu beachten gäbe. Obwohl Stefan S. den Sixt-Mitarbeitern durch hartnäckiges Fragen mehrfach versuchte einen Hinweis auf die rechtliche Situation zu entlocken, kam von deren Seite nur immer wieder der beruhigende Hinweis, dass im Falle einer Vollkasko-Versicherung alles abgesichert sei – sogar ein eigenverschuldeter Unfall. Stefan S. müsse sich beim besten Willen keine Sorgen machen.

Nun soll Familie S. 7264,68 € für einen Schaden zahlen, der eigentlich von der Versicherung abgedeckt gewesen sein sollte. Lediglich, weil Stefan S. keine Kenntnis der AGB hatte und ihm die rechtliche Situation nicht bekannt war. Getrieben von dem Wunsch nach Einigung und Gerechtigkeit schaltete Stefan S. einen Rechtsanwalt ein. Gegen seine Überzeugung im Recht zu sein, ließ sich Stefan S. auf einen Kompromißvorschlag seines Rechtsanwalts ein, in dem die Zahlung von 30% der geforderten Summe angeboten wurde.

Dies veranlasste Sixt jedoch lediglich dazu die geforderte Summe erst auf 4754,87 zu verringern um dann, nach Kenntnis dieses Artikels, einen Vergleichsbetrag von 3500,00 anzubieten. „Friss oder stirb“ – entweder Stefan S. nimmt den Vergleich an oder es wird in Kürze vor Gericht verhandelt. Sixt will Familie S. also einer Formalie wegen dazu zwingen eine Summe zu zahlen, die eine junge Familie ihre Ersparnisse kosten und an den Rand des Ruins bringen kann. Aufgebaut auf einer Schuldvermutung und dem kleinkarierten Verweis auf in geringer Schriftgrösse gedruckte AGB, die kaum ein Sixtkunde jemals gelesen haben dürfte, nimmt Sixt in Kauf, das Leben einer jungen Familie auf Jahre maßgeblich zu beeinflussen.

So sieht sie also aus – die Customer Experience eines Sixtkunden im Schadensfall. Das ist die Art und Weise, wie Sixt einen langjährigen guten Kunden behandelt, der über mehr als ein Jahrzehnt einen höheren 4-stelligen Umsatz reingefahren hat. Aussen hui und innen Pfui. Selbst ökonomisch sollte dieses Vorgehen eine Dummheit sein, denn es dürfte wohl kaum anzunehmen sein, dass Familie S. weiter Kunde bei dem sympathischen Autoverleiher mit dem schwungvollen „X“ im Sixt bleiben sollte.

Es reicht eben nicht ein gutes Design zu haben und knackige Werbung zu machen – man sollte seinen Kunden ernst nehmen und wie einen Menschen auf Augenhöhe behandeln – und nicht wie eine Nummer auf einem Mietvertrag.

Sixt sucks!

P.S: Den Rechtsstreit hat Familie S. übrigens gewonnen :-).

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